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Der Hamburger Stadtteil St. Georg ist bekannt für seine multikulturelle Vielfalt und sein lebendiges Miteinander. Hier leben Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen Seite an Seite. Mit einer Vielzahl von Moscheen auf engem Raum hat sich der Steindamm, das Herz des Viertels, zu einem regelrechten „Moscheen-Viertel“ entwickelt. Doch was einst ein Beispiel für friedliches Zusammenleben war, wurde plötzlich von einer Welle der Gewalt erschüttert, die alle Anwohner und Beteiligten gleichermaßen schockierte.

Das Moscheen-Viertel von St. Georg
St. Georg ist Heimat von mehr als einem Dutzend Moscheen, die auf engem Raum entlang des Steindamms und in den angrenzenden Straßen verteilt sind. Das Viertel bietet gläubigen Muslimen seit Jahren einen Ort, an dem sie sich zum Freitagsgebet versammeln können. Besonders freitags ist das Straßenbild geprägt von Menschen, die in die Moscheen strömen. Mit dieser regelmäßigen Ansammlung von Gläubigen kommt es jedoch auch zu Konflikten, vor allem wegen der knappen Parkplätze, die immer wieder zu Spannungen führen.
„Zum Freitagsgebet ist hier immer alles zugeparkt“, erzählt Martin Streb, der seit drei Jahren Vorsitzender des Bürgervereins in St. Georg ist. Der Verein, der bereits seit 1880 besteht, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Interessen der Anwohner zu vertreten und sich um Probleme wie die Verkehrssituation und das Sterben des Einzelhandels zu kümmern. Auch wenn es um die Anliegen der islamischen Gemeinden geht, wendet sich der Bürgerverein mit Unterstützung und Lösungsvorschlägen an die Verantwortlichen.
Eines der aktuellen Themen betrifft eine Moschee in der Böckmannstraße, deren Gemeinde dringend nach mehr Platz sucht. Die Räumlichkeiten reichen oft nicht mehr aus, um die Gläubigen aufzunehmen, insbesondere zum Freitagsgebet, was zu weiteren Spannungen führt. Doch trotz dieser Alltagsprobleme verlief das Zusammenleben in St. Georg über viele Jahre weitgehend friedlich – bis plötzlich eine unvorhersehbare Welle der Gewalt über das Viertel hereinbrach.
Gewalt auf den Straßen: Ein Viertel in Aufruhr
Was viele Anwohner nicht für möglich gehalten hatten, geschah plötzlich und unerwartet: Gewaltausbrüche auf den Straßen des Steindamms. Obwohl St. Georg für seine kulturelle Vielfalt und Offenheit bekannt ist, zeigten sich auf einmal tiefergehende Spannungen, die in gewalttätigen Auseinandersetzungen mündeten. Die ersten Vorfälle ereigneten sich ausgerechnet nach dem Freitagsgebet, als Gläubige aus den Moscheen strömten und in Konflikte verwickelt wurden.
Was genau der Auslöser für diese Gewalt war, bleibt unklar. Einige Anwohner sprechen von kleinen Streitigkeiten, die sich hochschaukelten, während andere auf die zunehmenden Spannungen im Viertel hinweisen, die durch die Überfüllung und den wachsenden Platzmangel in den Moscheen entstanden sind. Die Polizei wurde alarmiert, und mehrere Einsätze folgten, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.
„Es ist erschütternd, wie schnell sich die Lage verändert hat“, sagt ein langjähriger Bewohner von St. Georg, der anonym bleiben möchte. „Wir sind hier jahrelang gut miteinander ausgekommen, aber plötzlich ist es, als ob etwas in der Luft liegt.“ Die meisten Anwohner waren nicht auf die Gewalt vorbereitet, und die Unruhen schockierten das gesamte Viertel.

Ein wachsendes Sicherheitsproblem
Mit der zunehmenden Anzahl von Gläubigen, die die Moscheen in St. Georg besuchen, und dem anhaltenden Platzmangel sind auch die Herausforderungen gewachsen, die die Gemeinde und die Anwohner bewältigen müssen. Nicht nur die Verkehrssituation, sondern auch das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen steht auf dem Prüfstand. Die örtlichen Behörden und die Polizei sind nun gefragt, um auf diese neuen Entwicklungen zu reagieren und die Sicherheit im Viertel wiederherzustellen.
Eine der Hauptursachen für die jüngsten Spannungen ist der Platzmangel in den Moscheen, der durch die wachsende Zahl an Besuchern noch verschärft wird. Besonders zu den Hauptgebetszeiten wird das Viertel stark frequentiert, was den Druck auf die Infrastruktur und die Nachbarschaft erhöht. Viele islamische Gemeinden suchen bereits nach Lösungen, um den Platzbedarf zu decken, doch die Suche nach geeigneten Räumen gestaltet sich schwierig.
Die Polizei hat ihre Präsenz verstärkt und arbeitet eng mit den Gemeinden und dem Bürgerverein zusammen, um die Konflikte zu entschärfen. Regelmäßige Treffen zwischen den Vertretern der islamischen Gemeinden, den Anwohnern und den örtlichen Behörden sollen dazu beitragen, die Spannungen abzubauen und ein friedliches Miteinander zu fördern.
Die Rolle des Bürgervereins
Der Bürgerverein St. Georg spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessengruppen im Viertel. Martin Streb und seine Kollegen bemühen sich, die Anliegen der Anwohner zu vertreten und gleichzeitig den Dialog mit den islamischen Gemeinden aufrechtzuerhalten. „Wir sind bestrebt, Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten funktionieren“, sagt Streb. „Es geht darum, den Frieden in unserem Viertel zu wahren und das Miteinander zu stärken.“
Eine der größten Herausforderungen besteht darin, den wachsenden Platzbedarf der Moscheen zu decken, ohne die Nachbarschaft weiter zu belasten. Der Bürgerverein setzt sich dafür ein, dass langfristige Lösungen gefunden werden, um die räumlichen Kapazitäten der Moscheen zu erweitern und gleichzeitig den öffentlichen Raum für alle Anwohner zugänglich zu halten.
Wie geht es weiter?
Die Gewaltausbrüche in St. Georg haben die Anwohner wachgerüttelt und die Behörden auf den Plan gerufen. Es ist klar, dass das Viertel sich weiterhin mit den wachsenden Herausforderungen der multikulturellen Gesellschaft auseinandersetzen muss. Der Bürgerverein, die Polizei und die islamischen Gemeinden sind sich jedoch einig, dass nur durch Dialog und Zusammenarbeit eine langfristige Lösung gefunden werden kann.

St. Georg bleibt ein Beispiel für die kulturelle Vielfalt Hamburgs, aber es zeigt auch, wie sensibel das Zusammenleben in einem Viertel mit vielen unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen ist. Die Ereignisse der letzten Wochen haben die Gemeinschaft tief erschüttert, doch sie könnten auch als Weckruf dienen, um das Miteinander weiter zu stärken und gemeinsam an einer besseren Zukunft zu arbeiten.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob es gelingt, die Spannungen im Viertel abzubauen und das friedliche Zusammenleben wiederherzustellen, das St. Georg über viele Jahre auszeichnete. Klar ist: Es wird alle Beteiligten brauchen, um diesen Weg erfolgreich zu beschreiten.

Mathias von Lichtenfeld hat ein Studium im Bereich Journalismus absolviert und arbeitet hauptberuflich in einer renommierten Medienagentur. Neben seiner beruflichen Tätigkeit verfasst er regelmäßig Artikel für das Steindamm Magazin, in denen er über lokale Themen berichtet und seine journalistische Expertise einbringt.