Als Journalist, der regelmäßig aus dem Viertel St. Georg berichtet, sehe ich die massiven Probleme vor Ort aus nächster Nähe. Rund um den Hamburger Hauptbahnhof und insbesondere im Bereich des Drob Inn hat sich eine der sichtbarsten Drogenszenen Deutschlands entwickelt. Menschen in prekären Lebenslagen, viele unter dem Einfluss von Crack oder anderen Drogen, sammeln sich dort täglich. Die Polizei zeigt eine verstärkte Präsenz, doch die Lage scheint sich nicht zu verbessern – im Gegenteil, das Elend ist für alle sichtbar. Doch neben den offensichtlichen Problemen mit Drogenhandel und sozialem Zerfall sehe ich mich als Berichterstatter zunehmend mit einem anderen Hindernis konfrontiert: die Polizei.
Immer wieder werde ich bei meiner Arbeit behindert, kontrolliert oder von bestimmten Bereichen ferngehalten. Gerade als Journalist ist es meine Aufgabe, die Situation ungeschönt darzustellen und die Realität in St. Georg zu dokumentieren. Doch anstatt eine differenzierte und transparente Berichterstattung zu ermöglichen, fühle ich mich häufig ausgebremst. Die polizeiliche Kontrolle wirkt oft eher wie eine Strategie, kritische Berichterstattung zu verhindern, als wie ein Schutz für die Öffentlichkeit.
Der „Sog-Effekt“ des Drob Inn: Ein Ort des Elends und der Hoffnungslosigkeit
Das Drob Inn, in Sichtweite des Hamburger Hauptbahnhofs, ist zu einem Brennpunkt geworden, an dem sich täglich etwa 250 Menschen versammeln. Viele von ihnen sind Crack-Konsumenten, andere gehören zur Trinkerszene oder sind obdachlos. Der gepflasterte Weg, der zum Drob Inn führt, ist ein ständiger Treffpunkt der Szene. Menschen kauern auf dem Boden, manche schlafen ihren Rausch aus, andere kämpfen mit offenen Wunden und Infektionen. Für Anwohner und Passanten zeigt sich hier das ganze Ausmaß der Drogenkrise – eine Szene, die einem dystopischen Film gleicht, aber tägliche Realität ist.
Der SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf betonte bereits: „So, wie die Situation jetzt ist, kann sie nicht bleiben.“ In den letzten Jahren hat die Stadt verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das Drogenproblem einzudämmen, von einer verstärkten Polizeipräsenz bis hin zu mehr Sozialarbeit. Doch die Probleme sind geblieben, und die Crack-Szene wächst weiter. Laut Experten zieht besonders der günstige Preis von Crack immer mehr Konsumenten an, die die kurzen, intensiven Rauschzustände ausnutzen, um für kurze Zeit der Realität zu entfliehen.
Berichterstattung unter erschwerten Bedingungen
In der Vergangenheit hatte sich das Drob Inn als Sammelpunkt für die Szene bewährt – zumindest bot der zentrale Ort Transparenz, und die Behörden wussten, wo sich die Drogenkonsumenten aufhielten. Doch heute führt die Ballung der Abhängigen zu völlig neuen Herausforderungen. Die Stadtverwaltung und die Polizei sind bemüht, die Lage zu stabilisieren, doch viele Maßnahmen bleiben ohne die gewünschte Wirkung.
Als Journalist möchte ich diese komplexe Situation detailliert beleuchten. Doch die Polizei hindert mich immer wieder an meiner Arbeit. Bei meiner Recherche werde ich regelmäßig kontrolliert und aufgefordert, den Bereich zu verlassen. Dabei ist es meine Aufgabe, ein authentisches Bild der Lage zu vermitteln. Die Einschränkungen verhindern jedoch eine vollständige und differenzierte Berichterstattung – ein Problem, das mich zunehmend frustriert.
Crack als neue Hauptdroge: Ein wachsendes Problem
Die Droge Crack ist für viele Konsumenten zur Hauptdroge geworden und hat Heroin als dominierende Substanz abgelöst. Sie ist günstig, wirkt schnell und erzeugt einen kurzen, aber intensiven Rauschzustand. Doch die Wirkung lässt ebenso schnell nach, sodass die Konsumenten ständig unter Druck stehen, sich Geld für den nächsten „Hit“ zu beschaffen. Das führt zu einem Anstieg von Bettelei und Kleinkriminalität in der Umgebung des Hauptbahnhofs, was die öffentliche Sicherheit zusätzlich belastet.
Laut Christine Tügel vom Trägerverein des Drob Inn ist der Crackkonsum in Hamburg seit Jahren relativ stabil, aber die Gesamtsituation hat sich durch den zunehmenden Gebrauch von Kokain verändert. Crack hat sich von einer vermeintlich „sauberen“ Alternative zum Heroin in eine der gefährlichsten Drogen verwandelt, die das Leben der Konsumenten massiv zerstört. Viele leiden unter schweren gesundheitlichen Folgen, darunter offene Wunden und chronische Infektionen, die durch die ständige Belastung des Körpers entstehen.
Der schwierige Spagat zwischen Repression und Hilfe
Die Hamburger Stadtpolitik verfolgt einen zweigleisigen Ansatz, um das Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Auf der einen Seite sollen repressivere Maßnahmen die Situation rund um den Hauptbahnhof beruhigen, auf der anderen Seite gibt es Bestrebungen, das Drob Inn zu entlasten und zusätzliche Aufenthaltsangebote zu schaffen. Laut SPD-Mann Kienscherf hat die verstärkte Polizeipräsenz in der Umgebung des Hauptbahnhofs bereits Verbesserungen gebracht. Doch die Realität vor Ort zeigt, dass die Maßnahmen längst nicht ausreichen, um die Situation nachhaltig zu verbessern.
Für mich als Journalist stellt sich die Frage, wie weit die Einschränkungen für die Pressefreiheit gehen dürfen. Die Probleme in St. Georg und am Hauptbahnhof sind unbestreitbar vorhanden und müssen dokumentiert werden, damit die Öffentlichkeit informiert ist. Ohne eine ungehinderte Berichterstattung bleibt ein wesentlicher Teil der Realität verborgen. Ich appelliere an die Behörden, meiner Arbeit mehr Raum zu lassen und mich nicht weiter in meiner journalistischen Tätigkeit zu behindern.
Ein Appell für Transparenz und Pressefreiheit
Die Situation in St. Georg und rund um das Drob Inn ist komplex und vielschichtig. Es reicht nicht, das Problem mit polizeilichen Maßnahmen allein zu bekämpfen. Prävention, soziale Unterstützung und eine verbesserte Gesundheitsversorgung für Suchtkranke sind ebenso notwendig wie eine ungehinderte Berichterstattung, die es ermöglicht, ein realistisches Bild der Lage zu zeichnen.
Hamburg steht vor einer enormen Herausforderung, und die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, die volle Realität zu erfahren. Für mich als Journalist ist es wichtig, diese Geschichten ungehindert zu erzählen. Nur so kann ein Verständnis für die Situation geschaffen werden, das es ermöglicht, langfristige Lösungen zu entwickeln.
