Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU, hat in den letzten Monaten versucht, eine Position zu besetzen, die auf den ersten Blick strategisch klug erscheinen mag: Er will sich einerseits als Stimme der Mitte behaupten, andererseits aber den Unmut vieler Bürger über Migration und Kriminalität aufgreifen, um der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch genau hier liegt das Problem: Wo endet die berechtigte Kritik an realen Missständen, und wo beginnt das Spiel mit dem Feuer, das die Grenze zwischen seriöser Politik und populistischem Alarmismus verwischt?
Migration und Kriminalität: Ein komplexes Thema wird vereinfacht
Die Verknüpfung von Migration und Kriminalität ist ein Thema, das seit Jahren emotional aufgeladen ist. Statistiken zeigen, dass bestimmte Gruppen unter Migranten überproportional in bestimmten Kriminalitätsfeldern vertreten sind, etwa bei Straßenkriminalität oder Gewaltdelikten. Doch was selten erwähnt wird, ist der Kontext: soziale Benachteiligung, fehlende Integration und Perspektivlosigkeit sind oft die Ursache. Es ist eine komplexe Problematik, die differenzierte Antworten erfordert.
Doch genau diese Differenzierung geht in der politischen Debatte zunehmend verloren. Wenn Merz davon spricht, “die Probleme klar zu benennen”, ist das auf den ersten Blick legitim. Die Bürger erwarten von der Politik Ehrlichkeit. Aber wo hört das Benennen von Problemen auf, und wo beginnt die populistische Anbiederung an die AfD, die das Thema Migration systematisch instrumentalisiert, um Angst und Spaltung zu schüren?
Die AfD profitiert von der Zuspitzung
Die AfD hat es sich zur Aufgabe gemacht, Migration als Hauptursache aller gesellschaftlichen Probleme darzustellen. Mit simplen Parolen wie “Grenzen dicht!” oder “Kriminelle Migranten raus!” bedient sie die Ängste und Vorurteile vieler Menschen. Dabei bleibt sie jede ernsthafte Lösung schuldig, denn die Realität ist komplexer, als es diese Schlagworte suggerieren.
Merz versucht, dieser Rhetorik entgegenzutreten, indem er sich ihrer Sprache bedient – eine gefährliche Strategie. Wenn ein CDU-Vorsitzender ähnliche Narrative wie die AfD übernimmt, legitimiert er deren Argumentationsmuster und verschiebt den Diskurs weiter nach rechts. Das Ergebnis? Die AfD gewinnt an Glaubwürdigkeit, weil sie als das “Original” wahrgenommen wird, während die CDU lediglich wie eine abgeschwächte Kopie erscheint.
Ein schmaler Grat zwischen Kritik und Verantwortung
Es ist unbestritten, dass Migration auch Herausforderungen mit sich bringt. Überproportionale Kriminalität in bestimmten Gruppen darf nicht verschwiegen werden, und es ist Aufgabe der Politik, Lösungen zu finden. Doch diese Lösungen müssen differenziert und verantwortungsvoll sein. Pauschalisierungen und das Schüren von Angst helfen nicht weiter – sie spalten die Gesellschaft und machen Integration noch schwieriger.
Was Merz und die CDU tun müssten, ist, sich klar von der AfD abzugrenzen und stattdessen konstruktive Wege aufzuzeigen: mehr Investitionen in Bildung, Sprachförderung und soziale Integration. Kriminalität muss konsequent bekämpft werden, unabhängig von der Herkunft der Täter. Gleichzeitig braucht es mehr Anstrengungen, um die Ursachen von Kriminalität – Armut, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit – zu bekämpfen.
Ein gefährlicher Weg für die CDU
Wenn Merz weiter den Weg geht, die AfD durch eine Übernahme ihrer Themen und Narrative zu schwächen, wird das nach hinten losgehen. Die CDU riskiert, ihre eigene Identität zu verlieren und gleichzeitig die politische Mitte zu vernachlässigen, die klare und vernünftige Lösungen erwartet. Eine Partei wie die CDU darf sich nicht in die Abhängigkeit von populistischen Strömungen begeben, sondern muss Orientierung bieten.
Die Frage nach kriminellen Migranten ist eine ernsthafte Herausforderung, die nicht ignoriert werden darf. Doch sie ist auch ein Prüfstein für die politische Klasse: Werden die Probleme genutzt, um Ängste zu schüren und kurzfristig Stimmen zu gewinnen, oder werden sie mit langfristigen, verantwortungsvollen Strategien angegangen? Die Antwort auf diese Frage wird entscheidend dafür sein, ob wir als Gesellschaft zusammenfinden – oder weiter gespalten werden.
