In der Londoner U-Bahn tauchen derzeit Plakate für eine Finanz-App namens Wahed auf, die von einer Finanzplattform angeboten wird, die angeblich Scharia-konforme Finanzprodukte ohne Zinsen anbietet. Die Kampagne wirbt mit dem Slogan „Mach mit bei der Geld-Revolution – Wahed“. Die auffälligen Plakate zeigen einen Mann mit dunklem Vollbart und weißem Kopftuch, umgeben von brennenden Dollarscheinen. Diese Bilder haben in der britischen Hauptstadt für Aufsehen gesorgt, da sie bei einigen Passanten Irritationen ausgelöst haben.
Was ist Wahed?
Die App Wahed, die seit 2019 auf dem Markt ist, wurde von einem Fintech-Start-up aus New York entwickelt. Ziel der Plattform ist es, ihren Nutzern Scharia-konforme Anlageprodukte anzubieten, die keine Zinsen beinhalten, da Zinsen in der Scharia als unzulässig gelten. Anstelle von Zinsen setzt Wahed auf alternative Formen der Gewinnbeteiligung. So können Nutzer in Aktien und Anlagen investieren, wobei ein spezieller „Halal Stock Screener“ verhindert, dass in Bereiche wie Alkohol, Glücksspiel oder andere unzulässige Branchen investiert wird.
Zu den prominenten Unterstützern von Wahed zählt unter anderem Saudi Aramco, der größte Ölkonzern der Welt, der in einer Finanzierungsrunde Millionen in das Unternehmen investiert hat. Wahed hat sich mittlerweile in mehreren Ländern etabliert und ist auch von der britischen Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority zugelassen worden. Nutzer der App können somit sicher sein, dass die angebotenen Dienstleistungen den strengen Regularien des britischen Finanzmarkts entsprechen.
Kampagne löst Debatte aus
Was jedoch besonders auffällt, sind die Werbebotschafter der Wahed-Kampagne, die vielen Londonern unbekannt, aber doch für Diskussionen sorgen. Einige Beobachter äußerten Bedenken, dass die Werbeplakate auf provokative Weise inszeniert sind, da sie unter anderem den religiösen „Tauhid“-Gruß zeigen, bei dem der Zeigefinger in die Höhe gehalten wird.
Kritik wurde laut, als bekannt wurde, dass einer der abgebildeten Männer ein international bekannter Prediger ist, der in der Vergangenheit durch kontroverse Aussagen aufgefallen war. Ein anderer auf den Plakaten gezeigter Mann ist ein weltbekannter Kampfsportler. Besonders die Verwendung religiöser Symbole in der Werbung für Finanzprodukte stößt bei einigen Betrachtern auf Skepsis, da dies als unangemessen und irreführend empfunden wird.
Die Reaktion von Transport for London
Die Behörde Transport for London (TfL), die für die Vergabe von Werbeflächen in der Londoner U-Bahn verantwortlich ist, geriet nach der Veröffentlichung der Plakate unter Druck. Susan Hall, eine Stadträtin der konservativen Partei, äußerte in einem Interview ihre Verwunderung darüber, dass TfL diese Werbekampagne genehmigt habe, während andere, weitaus harmlosere Werbeinhalte in der Vergangenheit abgelehnt worden seien. Sie verwies dabei auf Beispiele wie eine Werbung, in der ein Comedian aufgrund eines Hotdogs auf dem Plakat beanstandet wurde.
Zunächst erklärte die Behörde, dass die Plakate mit den Richtlinien für Werbung im öffentlichen Raum übereinstimmten. Nachdem jedoch die Kritik lauter wurde, kündigte der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan an, die Kampagne genauer prüfen zu lassen. „Hass hat keinen Platz in London“, ließ er über seine Sprecherin mitteilen. Die Werberichtlinien von TfL seien streng und schließen politische und gesundheitsgefährdende Inhalte in der Regel aus. Angesichts der Vorwürfe gegen die Plakate sei nun zu prüfen, ob diese den Regeln tatsächlich entsprechen.
Wahed: Ein neuer Player im Finanzmarkt
Trotz der Kontroversen bleibt Wahed eine schnell wachsende Finanzplattform, die versucht, ihren Platz im Markt für ethische und religiös motivierte Anlagen zu finden. Die App richtet sich vor allem an Muslime, die nach Anlageformen suchen, die ihren religiösen Überzeugungen entsprechen. Da die britische Finanzaufsichtsbehörde das Geschäftsmodell von Wahed zugelassen hat, können sich die Nutzer sicher sein, dass die angebotenen Produkte den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Wahed bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, in Scharia-konforme Aktien und Fonds zu investieren, ohne Zinsen auf Einlagen zu erhalten. Stattdessen wird auf alternative Formen der Vermögensvermehrung gesetzt, die religiösen Anforderungen entsprechen. Der Kampfsportler, der seit zwei Jahren als Markenbotschafter für Wahed auftritt, verleiht der Plattform zusätzliche internationale Bekanntheit.
Die Werbekampagne für die Finanz-App Wahed hat in London eine hitzige Debatte über religiöse Symbole und deren Platz in der Werbung entfacht. Während die Finanzplattform selbst von einigen der größten Konzerne der Welt unterstützt wird und unter den Regeln der britischen Finanzaufsicht operiert, hat die Art und Weise, wie sie sich präsentiert, bei einigen Kritik hervorgerufen. Die Entscheidung, ob die Plakate abgehängt werden, wird in den kommenden Tagen getroffen werden – sie zeigt jedoch, wie sensibel religiöse und finanzielle Themen in der Öffentlichkeit behandelt werden müssen.

Mathias von Lichtenfeld hat ein Studium im Bereich Journalismus absolviert und arbeitet hauptberuflich in einer renommierten Medienagentur. Neben seiner beruflichen Tätigkeit verfasst er regelmäßig Artikel für das Steindamm Magazin, in denen er über lokale Themen berichtet und seine journalistische Expertise einbringt.