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Der Boxer, der dem Tod ins Gesicht schlug: Die unvorstellbare Geschichte von Harry Haft

FeuilletonDer Boxer, der dem Tod ins Gesicht schlug: Die unvorstellbare Geschichte von Harry Haft
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Lesedauer 2 Minuten

Das Szenario ist schwer vorstellbar, ein Albtraum, der die Grenzen menschlicher Grausamkeit sprengt: Ein provisorischer Boxring, umgeben von SS-Wachen, deren Gesichter vor sadistischer Freude strahlen. Die Luft ist schwer von Angst, Tod und Verzweiflung. Für die ausgezehrten Gefangenen, die gezwungen werden zuzusehen, ist es eine perverse Ablenkung von ihrem eigenen Leiden. Für Harry Haft, einen jüdischen Häftling in Auschwitz, war es ein Kampf ums Überleben – immer und immer wieder.

Die grausamen Regeln des Ringens

Die Regeln waren simpel und brutal: Gewinnen oder sterben. Haft, gerade einmal in seinen frühen Zwanzigern, stand vor einer unfassbaren Wahl. Um sein eigenes Leben zu retten, musste er andere besiegen – Männer, die wie er selbst von den Schrecken des Konzentrationslagers gezeichnet waren, Männer, die genauso wie er nichts anderes als Überleben wollten.

Es war ein perfides Spiel der SS: Die Kämpfe sollten die Wachen unterhalten, während die Verlierer oft noch auf der Stelle erschossen wurden. Für Haft bedeutete jeder Sieg ein weiteres Mal aufzuwachen – mit der Schuld und dem Wissen, dass sein Überleben den Tod eines anderen bedeutete.

Vom Boxring zur Todeszone

Harry Haft hatte keine Boxausbildung, keine Trainer und keine Ressourcen. Was er hatte, war ein unbändiger Überlebenswille. Seine Kraft schöpfte er aus der Verzweiflung und der Hoffnung, eines Tages diesem Albtraum zu entkommen. Es war eine Hoffnung, die ihn durch 76 solcher Kämpfe trug. Die Siege bedeuteten Nahrung, ein wenig Zeit, und vor allem – das nackte Überleben.

Aber das Überleben hatte seinen Preis. Haft war sich bewusst, dass sein Weiterleben unweigerlich mit dem Tod derer verbunden war, die ihm im Ring gegenüberstanden. Diese Schuld lastete schwer auf ihm – und sollte ihn für den Rest seines Lebens verfolgen.

Die Flucht aus Auschwitz

Nach monatelangem Überlebenskampf im Lager bot sich Harry Haft eine Möglichkeit zur Flucht. Er nutzte seine Stärke und seinen Mut, tötete einen deutschen Soldaten und floh in gestohlener Uniform aus dem KZ. Doch auch außerhalb der Lager war die Welt alles andere als sicher. Wochenlang irrte er durch ein vom Krieg zerrüttetes Europa, bevor er schließlich von amerikanischen Truppen gerettet wurde.

Ein neuer Anfang im Ring

Nach dem Krieg wanderte Haft in die USA aus und begann eine Karriere als professioneller Boxer. Er hoffte, die Schrecken der Vergangenheit hinter sich lassen zu können, doch die Schatten von Auschwitz verließen ihn nie. In jedem Kampf erinnerte ihn der Ring an die Lager, an die Männer, die er besiegen musste, um zu überleben.

Sein größter Moment im professionellen Boxen war zugleich sein Abschied: Ein Kampf gegen die aufstrebende Legende Rocky Marciano im Jahr 1949. Haft verlor diesen Kampf, aber die Tatsache, dass er überhaupt dort stand, war ein Triumph über die Nazis und den Schrecken, den sie ihm zugefügt hatten.

Das Erbe eines Überlebenden

Harry Haft gab das Boxen nach dem Kampf gegen Marciano auf und lebte ein ruhiges Leben mit seiner Familie. Doch die Erinnerungen an Auschwitz blieben. Erst Jahre später sprach er offen über das, was er durchgemacht hatte. Sein Sohn schrieb später ein Buch über die unglaubliche Geschichte seines Vaters, das auch die Grundlage für den Film The Survivor bildete.

Hafts Leben war ein Zeugnis des Überlebenswillens, der Stärke und des unermesslichen Preises, den Menschen zahlen mussten, um den Schrecken des Holocaust zu entkommen. Seine Geschichte ist nicht nur die eines Boxers, sondern auch die eines Mannes, der sich gegen alle Widrigkeiten behauptete – und der nie vergessen konnte, welchen Preis dieses Überleben hatte.

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