Die Europäische Union steht kurz davor, eines der umfassendsten Rauchverbote in der Geschichte des Kontinents auf den Weg zu bringen. Ein aktueller Entwurf der EU-Kommission sieht vor, das Rauchen an vielen öffentlichen Orten im Freien zu verbieten. Ziel ist es, den Schutz von Nichtrauchern weiter zu stärken und die gesellschaftliche Akzeptanz des Rauchens weiter zu senken. Während Gesundheitsorganisationen den Schritt begrüßen, sorgt der Vorstoß bei der Tabakindustrie und unter Rauchern für massive Kritik.
Der Plan im Detail
Nach ersten Berichten sollen die neuen Regelungen europaweit gelten und weitreichende Beschränkungen beinhalten. Rauchen könnte bald an folgenden Orten im Freien untersagt sein:
Spielplätze und Parkanlagen: Orte, an denen sich Kinder aufhalten, sollen komplett rauchfrei werden.
Außenbereiche von Cafés und Restaurants: Selbst in Freiluftbereichen könnten Gäste künftig auf Zigaretten verzichten müssen.
Haltestellen und Bahnhöfe: Der Schutz von Passanten und Fahrgästen vor Passivrauch an Haltestellen und in Bahnhofsbereichen wird als Priorität genannt.
Sportstadien und Veranstaltungsorte: Auch hier will die EU jegliches Rauchen unter freiem Himmel verbieten, um eine gesündere Umgebung zu schaffen.
Die Umsetzung würde eine einheitliche Regelung in allen EU-Mitgliedsstaaten erzwingen, unabhängig von den bisherigen nationalen Gesetzen. Besonders in Ländern wie Deutschland, die im europäischen Vergleich bislang moderate Rauchverbote haben, würde dies eine deutliche Verschärfung bedeuten.
Gesundheit als Hauptargument
Die EU-Kommission beruft sich auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, die zeigen, dass Tabakrauch auch im Freien gesundheitsschädlich sein kann. Studien belegen, dass Schadstoffe aus dem Rauch insbesondere in Bereichen mit wenig Luftzirkulation – etwa an Haltestellen oder in Cafés – in Konzentrationen vorhanden sein können, die für Passivraucher gefährlich sind. Besonders Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Atemwegserkrankungen seien betroffen.
Der Vorstoß ist Teil eines größeren EU-Plans, der bis 2040 eine „tabakfreie Generation“ schaffen soll. Langfristig will die Kommission den Raucheranteil in der Bevölkerung auf unter 5 Prozent senken. Derartige Regelungen sollen das Rauchen gesellschaftlich weiter marginalisieren und die damit verbundenen Gesundheitskosten reduzieren.
Kritik der Tabakindustrie
Der Verband der Tabakwirtschaft in Deutschland bezeichnet die Pläne als „völlig überzogen“. „Es reicht!“, so ein Sprecher, der die Vorschläge als weiteren Schritt in Richtung Bevormundung der Bürger bezeichnete. Die Branche warnt vor erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für Tabakhersteller, aber auch für Gastronomiebetriebe, die einen Teil ihres Umsatzes durch rauchende Gäste generieren.
„Der Staat greift immer tiefer in die persönlichen Freiheiten ein. Wo soll das enden?“, fragt ein Vertreter eines führenden Tabakunternehmens. Auch wird darauf hingewiesen, dass Raucher längst in der Minderheit sind und es bereits zahlreiche Einschränkungen gebe. „Wir reden hier über eine Maßnahme, die über das Ziel hinausschießt und den gesellschaftlichen Frieden gefährden könnte.“
Reaktionen aus der Gastronomie
Besonders die Gastronomie zeigt sich alarmiert. Viele Betreiber von Cafés und Restaurants befürchten Einbußen, sollte das Rauchen auch im Außenbereich verboten werden. „Unsere Gäste schätzen die Freiheit, draußen rauchen zu dürfen. Ein Verbot würde uns zahlreiche Kunden kosten“, so ein Gastronom aus Berlin. In einer Branche, die ohnehin noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leidet, könnte ein solches Gesetz weiteren wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Unterstützung aus der Wissenschaft
Gegen die Kritik spricht sich eine breite Front von Gesundheitsorganisationen aus. Experten verweisen auf die hohen gesellschaftlichen Kosten des Rauchens. „Tabak ist nach wie vor eine der führenden Ursachen für vermeidbare Todesfälle in Europa“, erklärt ein Sprecher der Europäischen Gesellschaft für Lungenheilkunde. Maßnahmen wie Rauchverbote im Freien hätten nicht nur einen direkten gesundheitlichen Nutzen, sondern auch eine abschreckende Wirkung auf junge Menschen, die häufig durch die soziale Akzeptanz des Rauchens zum Einstieg verleitet würden.
Reaktionen in der Bevölkerung
Die Bevölkerung zeigt sich gespalten. In einer Umfrage unter EU-Bürgern befürworteten rund 60 Prozent strengere Regelungen zum Nichtraucherschutz. Besonders Familien mit kleinen Kindern unterstützen den Vorschlag, öffentliche Räume rauchfrei zu machen. Raucher hingegen empfinden die geplanten Regelungen als Eingriff in ihre persönliche Freiheit. „Ich rauche nur draußen, um niemanden zu stören. Wenn das auch verboten wird, wo soll ich dann noch hin?“, fragt ein Hamburger, der seit Jahren auf das Rauchen in geschlossenen Räumen verzichtet.
Wie geht es weiter?
Die EU-Kommission plant, die Regelungen 2025 in Kraft treten zu lassen. Bis dahin müssen die Vorschläge noch das Europäische Parlament und den Rat passieren, wo voraussichtlich kontroverse Debatten stattfinden werden. Länder wie Frankreich und Schweden haben bereits signalisiert, den Vorstoß zu unterstützen, während Deutschland und Österreich noch keine klare Position bezogen haben.
Sollte das Rauchverbot in der aktuellen Form beschlossen werden, steht Europa vor einer neuen Ära des Nichtraucherschutzes – mit weitreichenden Konsequenzen für Gesellschaft, Wirtschaft und individuelle Freiheiten. Ob die Pläne in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz stoßen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
