In Hamburg hat sich die Drogenproblematik in den letzten Jahren zunehmend aus den bekannten Brennpunkten in Wohngebiete verlagert. Besonders betroffen sind Stadtteile wie St. Georg und Altona, wo besorgte Anwohner nun in einem Brandbrief an den Bezirkschef ihre Sorgen äußerten. In dem Schreiben schildern sie detailliert, wie sich die Situation verschärft hat und welche Folgen dies für das tägliche Leben in ihren Vierteln hat. Der Bezirkschef hat bereits erste Pläne vorgestellt, um der Situation Herr zu werden, doch viele Anwohner fürchten, dass die Maßnahmen nicht ausreichen könnten.
Drogenkonsum im öffentlichen Raum nimmt zu
In ihrem Brandbrief berichten die Anwohner, dass es in ihren Wohnstraßen vermehrt zu Drogenkonsum im öffentlichen Raum kommt. „Es ist nicht mehr tragbar“, schreibt eine Anwohnerin, die seit vielen Jahren im Viertel lebt. Besonders in den Abendstunden und am frühen Morgen seien offene Drogenszenen zu beobachten. Konsumiert wird auf Spielplätzen, in Hauseingängen und in den Grünanlagen, die eigentlich als Orte der Erholung dienen sollten.
„Unsere Kinder können nicht mehr unbeschwert draußen spielen“, so ein weiterer Bewohner. Einige berichteten sogar von gefährlichen Situationen, in denen gebrauchte Spritzen gefunden wurden – eine direkte Gefahr für die Gesundheit der Anwohner und insbesondere für die spielenden Kinder.
Verlagerung aus bekannten Drogen-Hotspots
Die Verlagerung der Drogenproblematik in die Wohngebiete ist laut Experten keine neue Entwicklung. In den vergangenen Jahren konzentrierte sich die offene Drogenszene insbesondere auf Brennpunkte wie den Hamburger Hauptbahnhof und die Reeperbahn. Doch durch verstärkte Polizeipräsenz und Sicherheitsmaßnahmen an diesen Orten wurde die Szene zunehmend verdrängt – und verlagerte sich in ruhigere Stadtteile.
Stadtteile wie St. Georg, die lange Zeit als bürgerliches Viertel mit multikulturellem Flair galten, sind nun zunehmend von der Problematik betroffen. Besonders ältere Anwohner und Familien mit Kindern fühlen sich durch die neue Situation verunsichert. “Es ist, als wäre die gesamte Situation einfach in unsere Hinterhöfe und Wohnstraßen verschoben worden, anstatt sie wirklich zu lösen”, so eine betroffene Anwohnerin.
Reaktion der Behörden: Pläne des Bezirkschefs
Der Brandbrief, der an den Bezirkschef des betroffenen Stadtteils geschickt wurde, hat bereits Reaktionen hervorgerufen. Der Bezirkschef, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärte in einer ersten Stellungnahme, dass er die Sorgen der Anwohner sehr ernst nehme. Er betonte, dass das Drogenproblem nicht einfach in andere Viertel verlagert werden dürfe, und versprach, verstärkt gegen die offenen Drogenszenen in den Wohngebieten vorzugehen.
Geplant sind unter anderem verstärkte Polizeikontrollen, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden, um den Drogenkonsum in Wohngebieten zu unterbinden. Zudem soll der Einsatz von Streetworkern intensiviert werden, um den betroffenen Menschen vor Ort Hilfe anzubieten und langfristige Lösungen zu finden. „Wir wollen nicht nur mit Repression reagieren, sondern auch mit präventiven Maßnahmen“, erklärte der Bezirkschef. Hierbei sollen auch lokale Hilfsorganisationen stärker eingebunden werden.
Prävention und soziale Unterstützung
Während mehr Polizeipräsenz kurzfristig für eine Beruhigung der Situation sorgen könnte, sind sich viele Experten einig, dass die Drogenproblematik nur durch langfristige Prävention und soziale Unterstützung nachhaltig gelöst werden kann. Hier setzen die Pläne des Bezirkschefs an: Es sollen mehr Anlaufstellen für drogenabhängige Menschen in den betroffenen Stadtteilen geschaffen werden, um ihnen den Zugang zu medizinischer Hilfe, Therapie und sozialer Beratung zu erleichtern.
Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Suchtberatungsstellen und der Ausbau von Substitutionsprogrammen sind ebenfalls Teil des Konzepts. Die Stadt plant zudem, sogenannte Drogenkonsumräume auszubauen, in denen Drogenabhängige unter hygienischen und überwachten Bedingungen konsumieren können, ohne die öffentliche Ordnung zu gefährden. „Wir müssen sowohl den Anwohnern als auch den Betroffenen gerecht werden“, so der Bezirkschef.
Anwohner skeptisch: „Wir brauchen sofortige Maßnahmen“
Trotz der vorgestellten Pläne bleiben viele Anwohner skeptisch. „Das sind alles gute Ansätze, aber wir brauchen sofortige Maßnahmen“, so einer der Unterzeichner des Brandbriefs. Besonders die Forderung nach verstärkten Kontrollen und einem raschen Eingreifen der Polizei wird immer wieder laut. Die Verunsicherung in den betroffenen Vierteln ist groß, und viele Anwohner fühlen sich im Stich gelassen. „Wir haben das Gefühl, dass die Probleme der Stadt einfach vor unsere Haustüren verlagert wurden“, so ein Familienvater aus dem betroffenen Viertel.
Andere Bewohner fordern klare zeitliche Vorgaben, bis wann die geplanten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Viele von ihnen haben bereits erwogen, ihre Wohnorte zu verlassen, da sie keine Besserung der Situation sehen. „Wir wollen nicht nur Versprechungen hören, wir wollen sehen, dass gehandelt wird“, heißt es in dem Schreiben.
Ein Problem, das den gesamten Stadtteil betrifft
Die Drogenproblematik, die sich zunehmend in die Wohngebiete Hamburgs verlagert hat, ist nicht nur eine Belastung für die betroffenen Anwohner, sondern auch eine Herausforderung für die Stadtverwaltung und die sozialen Einrichtungen. Der Brandbrief der Anwohner zeigt eindrucksvoll, wie groß die Verunsicherung in den betroffenen Vierteln ist.
Die Stadt steht nun vor der schwierigen Aufgabe, kurzfristige Lösungen wie verstärkte Polizeipräsenz mit langfristigen sozialen Maßnahmen zu kombinieren. Nur so kann das Problem an der Wurzel gepackt werden, ohne dass es weiter in andere Teile der Stadt verdrängt wird. Ob die Pläne des Bezirkschefs die gewünschte Wirkung zeigen werden, bleibt abzuwarten – klar ist jedoch, dass die Sorgen und Nöte der Anwohner nicht länger ignoriert werden dürfen.
