Die Polizei in Hamburg plant, im Bahnhofsviertel, speziell am Hansaplatz im Stadtteil St. Georg, auf eine neue Überwachungstechnologie zu setzen. Ziel ist es, mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) verdächtige Bewegungen automatisch zu erkennen und im Verdachtsfall einen Alarm auszulösen. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer kündigte diese Pläne beim Jahresempfang der Hamburger Polizei an.
Die neue Technik soll Bewegungsmuster erfassen und analysieren, um frühzeitig auf mögliche Gefahren aufmerksam zu machen. Kritiker fragen jedoch, ob damit tatsächlich Probleme gelöst oder lediglich überwacht werden. Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins St. Georg, bemängelt, dass die Maßnahme das grundlegende Elend vieler Obdachloser nicht behebt.
Der Hansaplatz gilt bei den Behörden als Hotspot für Drogenkonsum, Straßenprostitution und Gewalt. Um die Kriminalität einzudämmen, sind seit 2019 insgesamt 16 Kameras am Platz installiert. Der aktuelle Plan geht jedoch einen Schritt weiter: Die neue Überwachungstechnik kann nicht nur Bewegungen erkennen, sondern mit KI-Algorithmen auch Verhaltensmuster wie Schlagen, Treten und Hinfallen identifizieren.
Die Innenbehörde gibt sich auf Anfrage jedoch zurückhaltend: Laut Sprecher Tim Spießberger befindet sich das Projekt noch in einem frühen Planungsstadium, weshalb momentan keine konkreten Angaben gemacht werden können. Dabei äußern sich die Grünen positiv: Die Technologie soll keine personenbezogenen oder biometrischen Daten erfassen, sondern ausschließlich zur Erkennung von bestimmten Verhaltensweisen genutzt werden, so Sina Imhof, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Die KI soll die Polizei entlasten, indem sie in kritischen Situationen automatisch Alarm auslöst.
Anwohner und Aktivisten äußern jedoch Bedenken. Harald Heck, der seit Jahren am Hansaplatz lebt, sieht in der Überwachung keinen echten Mehrwert: “Die Kameras sind eher ein symbolischer Akt, um zu zeigen, dass etwas getan wird.” Joho und andere fordern stattdessen soziale Maßnahmen, wie Streetworker und niedrigschwellige Hilfsangebote.
Datenschutzrechtliche Fragen bleiben ebenfalls offen. Alina Schöming, Sprecherin des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten, teilte mit, dass die Behörde bislang nicht offiziell über das Projekt informiert wurde. Sie kündigte an, dass der Datenschutzbeauftragte die Pläne der Polizei prüfen werde, sobald diese vorliegen.
Die Einführung intelligenter Überwachungstechnologie ist nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit ein kontrovers diskutiertes Thema. Ein Pilotprojekt am Berliner Bahnhof Südkreuz, bei dem Gesichtserkennungssoftware zum Einsatz kam, zeigte zwar positive Ergebnisse hinsichtlich der Bahnsicherheit, wurde jedoch von Datenschützern wie dem Chaos Computer Club kritisiert.
Ob die Hamburger Pläne eine sinnvolle Lösung zur Kriminalitätsbekämpfung bieten oder lediglich die Probleme in andere Stadtteile verlagern, bleibt abzuwarten. Kritiker und Befürworter erwarten die erste Evaluierung gespannt.
