Die Republikaner lieben Krisen – vor allem, wenn sie sich inszenieren lassen. Mit Sarah McBride, der ersten offen transgeschlechtlichen Person im US-Kongress, scheint der rechte Flügel der Partei ein neues Feindbild gefunden zu haben. Anstatt sich drängenden politischen Fragen zu widmen, treiben sie den Kulturkampf auf die Spitze: McBride, die im Januar 2025 als Abgeordnete für Delaware ihr Amt antreten wird, wurde untersagt, die Damentoiletten im Kapitol zu benutzen.
Man könnte meinen, der Kongress sollte sich mit Themen wie Inflation, Gesundheitsreform oder Klimakrise beschäftigen. Stattdessen wird die Diskussion auf den denkbar niedrigsten Schauplatz verlegt: öffentliche Toiletten. Es ist ein Symbol für den bizarren Zustand der US-Politik – und für eine GOP, die lieber provoziert, statt regiert.
“Krise der Fantasie”
McBride selbst bleibt inmitten des Shitstorms bemerkenswert gelassen. In einem Interview bezeichnete die 34-Jährige das Toilettenverbot als “inszenierte Krise” und warf den Republikanern eine “Krise der politischen Fantasie” vor. “Wenn wir in einer Zeit leben, in der eine Toilette zur größten Bedrohung erklärt wird, hat diese Partei nichts mehr anzubieten”, konterte McBride mit einer Mischung aus Schärfe und Selbstbewusstsein.
Ihre Worte treffen einen Nerv. Denn während sich Teile der Bevölkerung mit Armut, unzureichender Gesundheitsversorgung und Naturkatastrophen auseinandersetzen, entscheidet sich eine Partei, ihre Energie darauf zu verwenden, eine frisch gewählte Abgeordnete mit einem Toilettenverbot zu drangsalieren. Es ist ein trauriges Schauspiel, das den realen Problemen des Landes Hohn spricht.
Transphobie als Strategie
Doch die Debatte um McBride ist kein Einzelfall. Sie steht stellvertretend für eine politische Strategie, die seit Jahren verfolgt wird: Transphobie als Mobilisierungsinstrument. Ob es um Schulpolitik, Sportwettbewerbe oder jetzt um Toiletten geht – der Diskurs wird auf Nebenschauplätze verlagert, die polarisieren, ohne Lösungen zu bieten.
Für McBride, die schon zuvor Geschichte schrieb, als sie 2016 bei der Democratic National Convention sprach und später als erste transgeschlechtliche Senatorin ihres Bundesstaates diente, ist das nichts Neues. Doch mit ihrem Einzug in den Kongress hat sich die Bühne vergrößert – und damit auch die Angriffe.
Politik, die von gestern ist
Die GOP inszeniert diese Konflikte gerne als Verteidigung “traditioneller Werte”. Doch was ist daran traditionell, die Identität eines Menschen zu leugnen? Was ist daran konservativ, eine Kollegin auf den Fluren des Kongresses zu schikanieren? Es ist keine Verteidigung der Werte, sondern ein Angriff auf den Fortschritt.
Sarah McBride wird trotzdem ihren Platz im Kongress einnehmen – und damit ein Zeichen setzen. Sie repräsentiert eine Generation, die weiterdenkt als die Toilettentür, an der die Republikaner sich festklammern. Ihr Beispiel zeigt, dass Politik nicht die Kunst des Rückschritts sein muss, sondern die Chance, echte Krisen zu lösen.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis eines Tages auch die erreicht, die sich jetzt an den Türschildern der Damentoiletten abarbeiten. Denn während sich die Republikaner im Kulturkampf verausgaben, wartet der Rest der Nation auf Politiker, die Probleme ernsthaft angehen. Und zwar nicht nur die, die in einer Kabine aus Porzellan enden.
