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Reportage: BullyBert – Die mobile Betreuung für Obdachlose und die Essensausgabe vor dem Drob In

St GeorgReportage: BullyBert – Die mobile Betreuung für Obdachlose und die Essensausgabe vor dem Drob In
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Lesedauer 4 Minuten

Hamburg, kurz nach Sonnenuntergang. Vor dem Drob Inn, der niedrigschwelligen Drogenhilfeeinrichtung am Hamburger Hauptbahnhof, ist es geschäftig. Eine Gruppe von Menschen, überwiegend Obdachlose und Bedürftige, hat sich eingefunden. Viele von ihnen kämpfen nicht nur mit dem harten Leben auf der Straße, sondern auch mit Suchtproblemen. Doch mitten im Trubel steht ein Hoffnungsschimmer: der BullyBert. Ein unscheinbarer Kleintransporter, der für viele Menschen hier eine wichtige Anlaufstelle ist.

Der BullyBert, betrieben von engagierten Freiwilligen und Sozialarbeitern, ist nicht einfach nur ein Transporter. Er ist ein mobiles Hilfsangebot, das Obdachlosen in Hamburg praktische Unterstützung bietet – von warmen Mahlzeiten über Kleidung bis hin zu Betreuung und Beratung. Heute bin ich vor Ort, um aus der Nähe zu erleben, wie diese Essensausgabe und Betreuung abläuft und welche Bedeutung sie für die Menschen auf der Straße hat.

Der BullyBert: Eine mobile Anlaufstelle für Hoffnung

Als ich ankomme, herrscht bereits reger Betrieb. Einige Menschen stehen bereits vor dem Drob Inn, doch die Aufmerksamkeit vieler richtet sich auf den BullyBert. Hier werden warme Mahlzeiten verteilt – eine einfache, aber nahrhafte Suppe, Brot und heißer Tee. Es ist Oktober, und die Nächte in Hamburg werden langsam kälter. Für diejenigen, die keine Wohnung haben und auf der Straße leben, sind warme Speisen und Getränke nicht nur eine Wohltat, sondern überlebenswichtig.

Die Menschen, die hier warten, sind bunt gemischt. Viele von ihnen haben ihre eigene Geschichte, die sie auf die Straße geführt hat: gescheiterte Beziehungen, Jobverlust, gesundheitliche Probleme oder die Sucht, die alles zerstört hat. Doch heute Abend haben sie eine Gemeinsamkeit: Der BullyBert bietet ihnen eine kurze Atempause von der Härte des Alltags.

Ich spreche mit einer der Freiwilligen, die hier seit mehreren Monaten im Einsatz ist. „Für viele Obdachlose sind wir oft die einzige Anlaufstelle, die sie regelmäßig besuchen. Sie kennen uns, wir kennen sie – es ist fast wie eine mobile Familie“, erklärt sie. Sie erzählt mir, dass das Angebot weit über die Essensausgabe hinausgeht. „Wir bieten auch Kleidung, Decken und vor allem Gespräche an. Viele der Menschen, die hierherkommen, sind sozial isoliert. Ein Gespräch, ein freundliches Wort, das kann schon viel bewirken.“

Essensausgabe: Mehr als nur Nahrung

Während die warme Suppe verteilt wird, fällt auf, dass die Atmosphäre trotz der offensichtlichen Notlage vieler Menschen fast familiär wirkt. Es gibt keine Hektik, kein Gedränge. Die Freiwilligen kennen viele der Gesichter hier und wechseln freundliche Worte mit den Menschen. Es ist offensichtlich, dass der BullyBert mehr bietet als nur Nahrung – er ist ein wichtiger sozialer Knotenpunkt.

Ein Mann, der sich als Thomas vorstellt, steht etwas abseits und raucht eine Zigarette. „Ich bin jetzt seit zwei Jahren auf der Straße“, erzählt er mir. „Es ist schwer, jeden Tag das Nötigste zusammenzukratzen. Aber wenn der BullyBert kommt, weiß ich, dass ich heute Abend zumindest nicht hungrig ins Bett gehen muss.“ Ich frage ihn, ob er schon einmal versucht hat, Hilfe in Anspruch zu nehmen, um von der Straße wegzukommen. „Es ist kompliziert“, sagt er nachdenklich. „Es gibt Angebote, aber wenn du einmal in diesem Leben steckst, ist es schwer, wieder rauszukommen. Es ist wie ein Kreislauf.“

Solche Geschichten höre ich an diesem Abend häufiger. Viele Menschen auf der Straße haben mehrfach versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, nur um immer wieder an bürokratischen Hürden oder persönlichen Rückschlägen zu scheitern. Für sie ist der BullyBert eine Art Sicherheitsnetz, das zumindest ein Minimum an Stabilität bietet.

Die Rolle des Drob Inn

Direkt gegenüber des BullyBert befindet sich das Drob Inn, eine Einrichtung, die Menschen mit Drogenproblemen eine Anlaufstelle bietet. Es gibt hier die Möglichkeit, Drogen sicher zu konsumieren, was die Gesundheitsrisiken für die Menschen auf der Straße verringert. Auch saubere Spritzen und medizinische Beratung werden angeboten. Es ist ein Ort, der darauf ausgelegt ist, niedrigschwellige Hilfe anzubieten, ohne die Menschen zu verurteilen.

Die Kombination von BullyBert und Drob Inn zeigt, dass Hamburg versucht, einen ganzheitlichen Ansatz im Umgang mit Obdachlosigkeit und Sucht zu finden. Während der BullyBert sich auf die Soforthilfe konzentriert – warme Mahlzeiten, Kleidung, ein offenes Ohr – bietet das Drob Inn eine längerfristige Unterstützung für diejenigen, die sich mit Drogenproblemen auseinandersetzen.

Herausforderungen und Perspektiven

Obwohl der BullyBert und das Drob Inn lebenswichtige Dienste leisten, wird mir schnell klar, dass diese Angebote nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Hamburg, wie viele andere Großstädte, kämpft mit steigenden Obdachlosenzahlen. Wohnraum wird immer teurer, und viele Menschen fallen durch das soziale Netz.

Die Freiwilligen und Sozialarbeiter vor Ort wissen das nur zu gut. „Wir machen, was wir können“, sagt mir einer der Sozialarbeiter. „Aber letztlich sind wir nur ein Notnagel. Was wirklich gebraucht wird, sind mehr langfristige Wohnprojekte und niedrigschwellige Hilfsangebote, die den Menschen helfen, wieder auf die Beine zu kommen.“ Auch Thomas, der Obdachlose, den ich zuvor gesprochen habe, nickt bei diesen Worten. „Es gibt Tage, da denke ich, es wird nie besser. Aber dann gibt es Abende wie heute, wo du merkst, dass dich wenigstens jemand sieht.“

Ein kleiner Funken Hoffnung

Als ich mich verabschiede, denke ich über die Menschen nach, die ich an diesem Abend getroffen habe. Es sind keine gesichtslosen „Obdachlosen“, wie man sie oft in der öffentlichen Debatte wahrnimmt. Es sind Menschen mit Geschichten, Träumen und Herausforderungen, die sie überwältigt haben. Der BullyBert und die Essensausgabe am Drob Inn bieten ihnen zwar keine endgültige Lösung, aber sie geben zumindest einen Funken Hoffnung und das Gefühl, nicht vergessen zu sein.

In einer Welt, die oft zu schnelllebig ist, um sich um die Schwächsten zu kümmern, sind solche Projekte wie der BullyBert unerlässlich. Sie erinnern uns daran, dass Menschlichkeit und Mitgefühl auch in den dunkelsten Momenten des Lebens einen Unterschied machen können.

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