Hamburg – Zwei beschädigte Unterseekabel in der Ostsee haben zu Spekulationen über mögliche Sabotage geführt. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte den Verdacht, dass die Vorfälle kein Zufall sein könnten. Die Schäden betreffen nicht nur die Telekommunikationsinfrastruktur, sondern werfen auch Fragen zur Sicherheit kritischer Infrastruktur auf.
Zwei Datenkabel beschädigt – Sabotage nicht ausgeschlossen
Ein Glasfaserkabel zwischen Finnland und Deutschland sowie ein weiteres Kabel zwischen Schweden und Litauen wurden innerhalb kurzer Zeit beschädigt. Besonders brisant: Die Vorfälle ereigneten sich in sensiblen Regionen der Ostsee, die durch den geringen Schiffsverkehr normalerweise als sicher gelten. Bundesverteidigungsminister Pistorius vermutet gezielte Aktionen: „Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind“, erklärte er bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel.
Laut Pistorius handelt es sich „offensichtlich um eine hybride Aktion“. Auch wenn die genauen Hintergründe und Verantwortlichen noch unklar sind, deutet vieles auf eine vorsätzliche Beschädigung hin.
Das erste Kabel: Finnland-Deutschland-Verbindung
Das betroffene Glasfaserkabel „Cinia C-Lion1“ verbindet Helsinki mit Rostock auf einer Strecke von über 1.170 Kilometern und gilt als zentrale Datenverbindung zwischen Finnland und Mitteleuropa. Es führt über eine ähnliche Route wie die 2022 zerstörten Nord-Stream-Pipelines und spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Datenübertragung. Der Betreiber Cinia vermutet äußere Einwirkung, möglicherweise durch einen Anker oder ein Grundschleppnetz.
Die Beschädigung hatte bereits zu Störungen im Telekommunikationsverkehr geführt. Ein Spezialschiff aus Frankreich ist unterwegs, um das Kabel zu reparieren. Die Arbeiten könnten bis zu zwei Wochen dauern, da das Kabel vom Meeresgrund geborgen werden muss.
Zweites Kabel zwischen Schweden und Litauen beschädigt
Nur wenige Tage nach dem ersten Vorfall wurde ein weiteres Unterseekabel zwischen der schwedischen Insel Gotland und Litauen beschädigt. Der litauische Rundfunk berichtete, dass das „Arelion“-Kabel, betrieben vom schwedischen Unternehmen Telia, physisch beschädigt wurde. Litauische Kunden erlitten keine größeren Störungen, doch auch hier laufen Untersuchungen.
Schwedens Zivilschutzminister Carl-Oskar Bohlin bestätigte, dass Behörden den Vorfall analysieren, um mögliche Ursachen zu klären.
Hintergründe und Sicherheitsbedenken
Die Schäden an den Unterseekabeln kommen in einer Zeit, in der die Sicherheit kritischer Infrastruktur zunehmend im Fokus steht. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines im Jahr 2022 ist die Ostsee ein neuralgischer Punkt für Europa.
Vergangene Vorfälle wie die Beschädigung der Balticconnector-Pipeline zwischen Finnland und Estland im Jahr 2023 zeigen, wie anfällig diese Infrastruktur ist. Damals wurde ein chinesisches Schiff als mögliche Ursache identifiziert, doch auch hier blieb ungeklärt, ob es sich um einen Unfall oder bewusste Sabotage handelte.
Politische Reaktionen und Sicherheitsmaßnahmen
In einer gemeinsamen Erklärung betonten das deutsche Auswärtige Amt und das finnische Außenministerium die Dringlichkeit, kritische Infrastruktur besser zu schützen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihre finnische Kollegin Elina Valtonen mahnten, dass Vorfälle wie diese die Unsicherheit in der Region verstärken.
„Der Schutz unserer Infrastruktur ist entscheidend für die Sicherheit unserer Länder“, so Valtonen. Gleichzeitig räumten beide ein, dass ein vollständiger Schutz in der aktuellen Lage kaum realisierbar sei.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Die Beschädigungen werfen nicht nur sicherheitspolitische Fragen auf, sondern unterstreichen auch die strategische Bedeutung der Ostsee. Mit der zunehmenden Militarisierung der Region und der wachsenden Bedeutung von Datenverbindungen für Wirtschaft und Verteidigung könnten weitere Vorfälle dieser Art folgen.
Ob die jüngsten Schäden auf Sabotage zurückzuführen sind, bleibt unklar. Doch der Verdacht zeigt, wie verletzlich Europas Infrastruktur ist – und wie entscheidend internationale Zusammenarbeit beim Schutz dieser Einrichtungen wird.
