St. Georg, mein Zuhause, mein Stadtteil. Es ist eine Ecke von Hamburg, die so viel Leben, so viel Geschichte und so viel Schönheit in sich trägt – und gleichzeitig blutet. Es blutet durch die Gewalt, die sich jeden Tag über die Straßen legt. Durch die Armut, die in jedem Schatten spürbar ist, durch die Suchtkranken, die am Rande der Gesellschaft stehen, und durch die Kriminellen, die sich durch das Elend der Menschen ernähren. St. Georg, insbesondere der Steindamm – eine zentrale Straße dieses Viertels – ist ein Ort voller Widersprüche: ein Nebeneinander von Reichtum und Armut, von Hoffnung und Verzweiflung, von Leben und Überleben.
Man muss nur einen Blick auf den Steindamm werfen, um zu verstehen, wie viel dieser Ort aushält. Die Polizei fährt Streife, hält kurz an, dann geht es weiter. Sie sind ständig präsent, aber es fühlt sich an, als ob sie gegen Windmühlen kämpfen. Die Gewalt verschwindet nicht. Manchmal sieht man sie nicht, aber sie ist da, in den Blicken der Menschen, in den Ecken, in den unsichtbaren Grenzlinien, die den Steindamm durchziehen.
Ich sehe Frauen, die sich in der Nacht auf den Straßen bewegen, gefangen in einem Netz von Prostitution und Verzweiflung. Sie haben keine Wahl – der Hansaplatz und die umliegenden Straßen sind ihr Arbeitsplatz, der Kiez, der sie verschlingt, und die Realität, der sie sich nicht entziehen können. Und inmitten dieses Chaos stehen die, die die meiste Zeit übersehen werden: die Suchtkranken, die Menschen ohne Hoffnung. Sie sind hier, Tag und Nacht, in den Seitenstraßen, in den Hauseingängen, auf den Parkbänken. Sie kämpfen ihren eigenen Kampf, oft im Stillen, aber auch dieser Kampf macht Lärm – der Lärm von zerbrochenen Leben und verlorenen Seelen.
Was mich am meisten trifft, ist der Kontrast, der hier wie nirgends sonst spürbar ist. Nur ein paar Straßen weiter sind die schicken Boutiquen, die teuren Restaurants. Menschen, die hierherkommen, um ein anderes Gesicht von Hamburg zu sehen, das Gesicht des Wohlstands, des kulturellen Lebens. Doch kaum haben sie den Steindamm überquert, scheint sich eine unsichtbare Mauer aufzubauen. Reichtum und Elend prallen aufeinander – und die Kluft dazwischen wächst jeden Tag ein bisschen mehr.
Ich frage mich oft, wie es soweit kommen konnte. Wie konnte mein Stadtteil, ein Ort mit so viel Leben, so viel Potenzial, so tief fallen? Warum finden wir keine Antworten, keine Lösungen? Die sozialen Projekte, die hier arbeiten, die Menschen, die versuchen, zu helfen, sie sind da. Aber es reicht nicht. Es fühlt sich an, als ob St. Georg sich selbst aufzehrt, als ob das Elend dieser Straßen jeden Versuch zur Besserung erstickt.
Und doch gibt es auch diese Momente, in denen man Hoffnung spürt. Ein Lächeln von einem Fremden, eine helfende Hand, die durch den Schmerz reicht. Es sind die kleinen Gesten, die mich daran erinnern, warum ich St. Georg liebe, warum ich trotz allem hier bleibe. Denn dieser Stadtteil ist nicht nur seine Narben. Er ist auch die Stärke derer, die jeden Tag weitermachen, die Menschen, die hier trotz allem eine Gemeinschaft formen.
Aber während ich das schreibe, kann ich nicht umhin zu spüren, wie mein Herz für diesen Ort blutet. Es blutet für die Menschen, die keine Stimme haben, für die, die keine andere Wahl haben, als sich in diesem Dschungel zu behaupten. Es blutet für die Unsichtbaren, die Vergessenen, die, die jeden Tag einen weiteren Kampf gegen das System, gegen die Gesellschaft, gegen sich selbst führen.
St. Georg ist mein Zuhause. Der Steindamm ist das pulsierende Herz dieses Viertels. Aber manchmal frage ich mich, wie lange dieses Zuhause noch überleben kann, wenn wir nicht anfangen, die Wunden zu heilen. Wunden, die tief gehen und die nicht nur durch mehr Polizeipräsenz oder mehr Überwachung verschwinden werden. Es braucht mehr. Es braucht Verständnis, Unterstützung, Menschlichkeit. Denn ohne all das wird dieser Stadtteil weiter bluten – und irgendwann vielleicht verbluten.
St. Georg, mein Herz, es blutet still,
Im Schatten der Nacht, wo niemand will.
Der Steindamm weint mit jeder Spur,
Von Reichtum und Armut, so nah, so pur.
Die Polizei streift, doch bleibt der Schmerz,
Tief in den Straßen, im dunklen Herz.
Wo Elend und Hoffnung Seite an Seite,
Durchs nächtliche Viertel stumm sich streiten.
Die Frauen, sie gehen, gefangen im Netz,
Die Suchtkranken ruhen, doch nie ohne Hetz’.
Hier kämpft jeder still, für sich allein,
Im Schatten von Glanz und dem dumpfen Schein.
Ein Lächeln erhellt, doch bleibt es schwach,
Denn Gewalt und Verzweiflung kehren stets zurück.
St. Georg, mein Viertel, ich halte es fest,
Doch frag ich mich oft, was es noch lässt.
Es braucht mehr als Worte, mehr als das Licht,
Denn ohne die Liebe heilt es uns nicht.
St. Georg, so reich, doch zugleich so leer,
Ich hoffe und bleibe, doch fällt es mir schwer.
