Die Ära von Ole von Beust und Ronald Schill in der Hamburger Politik war kurz, intensiv und voller Dramatik. Anfang der 2000er Jahre erregte ihre Zusammenarbeit bundesweit Aufmerksamkeit – eine politische Verbindung, die gleichermaßen als Sensation und als riskantes Experiment galt. Doch was ist aus den beiden Politikern geworden, die einst Hamburgs politische Landschaft geprägt und polarisiert haben?

Der Aufstieg: Ein Polit-Bündnis der Extreme
2001 wurde Ole von Beust (CDU) Hamburgs Erster Bürgermeister. Der damals 46-Jährige bildete eine überraschende Koalition mit der FDP und der neu gegründeten Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PRO) des ehemaligen Richters Ronald Schill. Schill, der durch seine populistischen Parolen und sein Image als „Richter Gnadenlos“ bekannt geworden war, hatte mit seiner Partei aus dem Stand 19,4 Prozent der Stimmen geholt und die politische Bühne Hamburgs erschüttert.
Von Beust, ein Vertreter der hanseatischen CDU mit liberalen Akzenten, suchte pragmatisch nach einer stabilen Mehrheit und fand sie in der Kooperation mit Schill – ein Bündnis, das für viel Kritik sorgte, insbesondere aus den Reihen der SPD und den Grünen. Viele warnten vor einer Normalisierung des Populismus, während andere die Koalition als Beispiel für politischen Pragmatismus sahen.

Der Bruch: Eine Regierung im Dauerstreit
Die Zusammenarbeit zwischen von Beust und Schill war von Beginn an von Spannungen geprägt. Während von Beust auf einen gemäßigten Kurs setzte, sorgte Schill immer wieder für Provokationen und Skandale. Sein autoritärer Führungsstil, seine markigen Aussagen und seine teils umstrittenen politischen Vorstöße – etwa im Bereich der inneren Sicherheit – führten zunehmend zu Konflikten innerhalb der Regierung.
2003 eskalierte die Situation: Schill beschuldigte von Beust öffentlich, persönliche Verfehlungen zu vertuschen, und enthüllte Details aus dessen Privatleben – darunter die Homosexualität des Bürgermeisters, die dieser bis dahin nicht öffentlich thematisiert hatte. Die Vorwürfe lösten eine politische und persönliche Krise aus, die schließlich zum Bruch führte. Von Beust entließ Schill aus der Regierung, woraufhin die Koalition zerbrach.

Der Fall Schill: Vom politischen Höhenflug zum Absturz
Nach seinem Rauswurf aus der Regierung versuchte Ronald Schill, politisch relevant zu bleiben, doch der Stern des „Richters Gnadenlos“ verblasste schnell. Seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive verlor an Rückhalt und scheiterte bei der Bürgerschaftswahl 2004 deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.
In den folgenden Jahren zog sich Schill weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Berichten zufolge lebte er zeitweise in Brasilien und führte dort ein zurückgezogenes Leben, begleitet von Schlagzeilen über angebliche Eskapaden und finanzielle Probleme. In Interviews trat er gelegentlich auf, blieb jedoch politisch bedeutungslos.
Ole von Beust: Ein Rückzug mit hanseatischer Eleganz
Ole von Beust hingegen konnte sich nach der Krise als Bürgermeister behaupten und blieb bis 2010 im Amt. Unter seiner Führung erlebte Hamburg eine Phase wirtschaftlichen Wachstums und eine Modernisierung der Stadt, insbesondere im Bereich der Stadtentwicklung, etwa durch die Projekte HafenCity und Elbphilharmonie.
Nach seinem Rücktritt 2010 zog sich von Beust weitgehend aus der Politik zurück und widmete sich der Privatwirtschaft. Er gründete eine Unternehmensberatung und war in verschiedenen Aufsichtsräten tätig. Gelegentlich äußert er sich noch zu politischen Themen, bleibt jedoch ein eher zurückhaltender Akteur.
Eine Ära, die Hamburg veränderte
Die Zeit von Ole von Beust und Ronald Schill markiert eine besondere Episode in Hamburgs politischer Geschichte. Während von Beust es schaffte, seine Karriere nach dem Bruch fortzusetzen und seine politischen Erfolge in Erinnerung zu halten, verkörpert Schill den schnellen Aufstieg und tiefen Fall eines Populisten, der letztlich an seiner eigenen Persönlichkeit scheiterte.
Heute blicken viele auf diese Ära mit gemischten Gefühlen zurück: als Beispiel für die Herausforderungen, die Populismus und Pragmatismus mit sich bringen, und als Mahnung, wie instabil ungewöhnliche politische Allianzen sein können. Die Namen von Beust und Schill bleiben unvergessen – als Symbol für eine Zeit, in der Hamburgs Politik eine ihrer turbulentesten Phasen durchlief.
